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LEGION OF THE DAMNED: Interview mit Maurice Swinkels

Das folgende Interview für das HEAVY-Magazin Nr. 117 fand Ende 2008 statt, als die Niederländer LEGION OF THE DAMNED sich in puncto Popularität bereits in einer beachtlichen Aufwärtsbewegung fanden - insbesondere in Deutschland. Ob Sänger/Shouter Maurice Swinkels Herz deshalb bei Fußball-Länderspielen für die deutsche Nationalmannschaft schlägt und nicht für Team Oranje? ;-)

Weiterentwicklung nicht erwünscht

Vier Alben in vier Jahren - eine stolze Quote für die Tulpen-Thrasher von LEGION OF THE DAMNED, auch wenn ‘Feel The Blade’, ihr Album Nummer drei “nur” eine Neuauflage des letzten Werkes der Vorgängerband OCCULT, ‘Elegy Of The Weak’, darstellte.

Abnutzungserscheinungen wegen eng gesteckter Genregrenzen? Fehlanzeige! Auch das neue Werk ‘Cult Of The Dead’ kracht wieder auf beängstigend hohem Niveau ins Gebälk und weist die in den letzten Jahren auch von vielen jüngeren Semestern lieb gewonnenen, fetten Riffattacken auf. Kein Wunder, dass Frontmann Maurice Swinkels vor guter Laune platzte, denn selbst im Reich der Toten würden seine Abrissbirnen nach Strich und Faden abgefeiert werden, während die zombifizierten Metaller über den Friedhof moshen.

Es handelt sich um unsere beste Scheibe bis jetzt, denn sie beinhaltet unsere brutalsten Songs. Außerdem habe ich meine Vocals stark verbessert. Es war für mich das erste Mal, dass ich drei Wochen am Stück im Studio weilte und ununterbrochen an meinen Parts feilen konnte. Früher musste ich zwischendurch immer heimfahren, da meine eigene Firma weiterlaufen musste. Diesmal nahm ich meinen Computer mit ins Studio und konnte somit von dort mein Business regeln.

Es scheint, als seid Ihr und Andy Classen ein super funktionierendes Team. ‘Cult Of The Dead’ ist, zählt man die letzte OCCULT-Platte mit, die fünfte Scheibe am Stück, die Ihr bei ihm eingeprügelt habt.

Ja, mittlerweile weiß jeder, wie der andere tickt und was er will. Ein Rädchen greift ins andere. Warum sollten wir daran etwas ändern?

Vielleicht, um sich eine andere Arbeitsweise anzuschauen, die für neue und andere Inspiration sorgen könnte?

Ich saß vor den Aufnahmen mit unserem Management zusammen und genau dieser Gedanke schoss uns durch den Kopf. Es könnte aber auch ein Risiko sein. Bei Andy wissen wir, was wir haben und was wir bekommen. Bei einem anderen Produzenten haben wir diese Sicherheit nicht. Wir könnten am Ende dastehen mit einem in unseren Augen beschissenen Ergebnis. Das ist uns bei Classen bisher nicht passiert.

‘Cult Of The Dead’ als Titel soll zeigen, dass ihr Fans von Zombiefilmen seid?

So halb. Das Konzept der Platte ist sehr antireligiös und apokalyptisch ausgefallen ist. Jesus engste Vertraute werden kannibalisch getötet. Ich stehe auf Horrorfilme, aber ich bin kein Freak, der jeden noch so schlechten Zombiefilm kennt. Das Artwork setzt das Konzept übrigens ziemlich treffend um. Jesus in der Mitte, Zombies vor ihm, alles innerhalb einer Kirche.

Es wird eine Special Edition mit einem Käsemesserblock geben. Wer hatte diese verrückte Idee?

Unser Management. Normalerweise will jede Band immer irgend etwas Brutales oder Blutiges als Gimmick dabei haben. Wir aber sind Holländer, und wir mögen Käse. Deswegen passt der Block mit den Käsemessern wunderbar. Es wird 500 Exemplare geben.

Ist dies ein Weg, wie man die Kids wieder dazu kriegt, CDs zu kaufen, anstatt illegal aus dem Netz zu laden?

Ich denke nicht, dass man gleich einen Käsemesserblock als Extra hinzufügen muss, aber so etwas wie eine Bonus-DVD oder Bonus-CD muss heute schon sein. Manchmal freut man sich auf die sogar mehr als auf die eigentliche CD.

Ich persönlich halte ‘Cult Of The Dead’ für genau das Album, das der Fan erwarten durfte, samt ein paar klitzekleinen Weiterentwicklungen.

Wir haben jedesmal eine Diskussion über dieses Thema, denn eigentlich wollen wir uns gar nicht weiterentwickeln. Wir haben keine Lust auf zehn Soli in einem Song, female vocals oder Gastauftritte. Wir möchten simpel und groovig klingen. Wir denken während des Songwritings nicht an unsere alten Platten, denn wir hören die fertigen Songs alle zum ersten Mal im Studio. Während der Arbeiten an einer Platte analysieren wir nicht. Wir richten uns nur danach, ob uns das Stück gefällt oder nicht.

Habt Ihr keine Angst, dass sich die Fans irgendwann langweilen, da eure Grenzen doch recht eng gesteckt sind?

chau dir mal eine Band wie PRO-PAIN an. Die machen seit Jahren auch nichts anderes von Platte zu Platte, und den Fans gefällt es. Wir haben innerhalb von vier Jahren drei reguläre Alben und einen Re-Release veröffentlicht. Deswegen müssen wir uns für die nächste Platte etwas mehr Zeit lassen, denn ich denke, dass wir nie etwas ändern werden.

Der bisherige Erfolg gibt Euch Recht!

Erfolg bedeutet für mich, eine Platte zu machen, mit der ich hundertprozentig zufrieden bin. Wenn ich an einer Scheibe über ein Jahr gearbeitet habe, ist es mir egal, ob ich zehn oder zehntausend Einheiten verkaufe, solange ich das Ergebnis mag.

Wie erklärst Du die Tatsache, dass Ihr es als Thrash-Act geschafft habt, die jungen Kids auf eure Seite zu ziehen, während andere Bands aus diesem Genre immer vor dem gleichen Old School-Volk spielen?

Viele Thrash-Bands aus dem Underground wollen klingen, als kämen sie aus den 80ern. Wir nicht. Unsere Riffs wurzeln zwar in den 80ern, nicht aber ihr Sound, da wir die Studiotechnik der Moderne nutzen. Mit OCCULT haben wir diesen alten Sound einmal reproduziert. Das funktioniert aber heutzutage nicht mehr, da viele Kids die Originale KREATOR, SODOM und DESTRUCTION gar nicht mehr kennen. Hinzu kam natürlich, dass ein großer Batzen an Marketing-Kohle in uns gesteckt worden ist. Die Kids haben uns auf Anzeigen und Werbungen gesehen, denn wir sind eine der wenigen Thrash-Bands, die so etwas heutzutage noch bekommem.

Wie wichtig ist Marketing und das gezielte Platzieren von Werbung dieser Tage?

Sehr wichtig. Wir haben ja schon beide Seiten gesehen. Zehn Jahre lang ist bei OCCULT nichts passiert. LEGION OF THE DAMNED gibt es jetzt seit vier Jahren, und es ist sehr viel mehr Geld in uns investiert worden. Natürlich muss auch das Produkt stimmen, denn wenn eine Platte Müll ist, kann das auch eine ganzseitige Anzeige nicht ändern.

Die Leute müssen aber auch wieder Lust auf die jeweilige Art der Musik haben. Man muss quasi zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein.

Auf jeden Fall! Das sieht man gerade auch an einer Band wie AMON AMARTH. Wir sind 1999 mit ihnen getourt. Damals hat sich noch niemand für sie interessiert, als sie für MORBID ANGEL eröffneten. Jetzt sind sie riesig. Das Schöne an ihrem Erfolg ist die Tatsache, dass es anscheinend doch noch möglich ist, erst mit dem fünften oder sechsten Album den Durchbruch zu schaffen. Bands, die plötzlichen Erfolg haben, kennen jedoch nicht die Schattenseiten des Band-Daseins, denn sie mussten nie hart für ihre Verkaufszahlen arbeiten. AMON AMARTH haben schon - genau wie wir - an jeder Steckdose gespielt.

Direkt nach Weihnachten geht Ihr mit einer dieser gehypeten Bands auf Tour: mit SONIC SYNDICATE.

Sie haben diesen Bandwettbewerb bei Nuclear Blast gewonnen. Vorher hatten sie nur eine Platte draußen. Es wundert mich nicht, wenn Bassistin Karen Axelsson in Interviews sagt, dass sie das Touren geil findet. Sie bekommt auch nur schöne Nightliner, denn sie geht mit Bands wie IN FLAMES auf Tour. Wir hatten schon Maden im Essen oder mussten 60 Leute in einem Bus unterbringen. Wir kennen die negativen Seiten, sie noch nicht.

Freust Du dich auf diese Tour? Sie wird Euch vor ein völlig anderes Publikum als sonst führen.

Diese Tour wird eine Herausforderung für uns. Leider haben HAIL OF BULLETS canceln müssen. Sie hätten noch gut zu uns gepasst. Als Ersatz sind jetzt LAY DOWN ROTTEN am Start. Wir sind sehr gespannt, was uns dort erwartet. Wir haben keine Ahnung, wie das Publikum aussehen wird. Wir werden uns über jeden LEGION OF THE DAMNED-Fan freuen.

Haben die Verkäufe der alten OCCULT-Platten eigentlich angezogen, seitdem bekannt ist, dass LOTD früher so hießen?

i>Ein wenig, aber es ist überschaubar. Auf Festivals sehe ich ab und an immer mal wieder OCCULT-CDs an den Ständen. Das war früher nie der Fall. Und ich werde ab und an angeschrieben, wo man denn die OCCULT-Raritäten finden kann.

Auf eurer Homepage habe ich ein Fußballteam in Trikots mit eurem Logo erspäht. Habt ihr Eure eigene Mannschaft?

Das ist mal wieder auf dem Mist unseres Managements gewachsen, das dieses Fußballteam schon länger kennt und Trikots mit unserem Logo für die Kicker gedruckt hat. Das Team heißt AH Germania Eich, wobei AH für alte Herren steht, hehe. Die Spieler selbst waren total begeistert, haben sich überschwänglich bei uns bedankt und uns zu ihren Spielen eingeladen. Das war mal was anderes, was außerdem zeigt, dass wir ganz normale Typen sind, die auf arrogantes Rockstargehabe keine Lust haben.

Bist du selbst ein Fußballfan?

Nein, absolut nicht. Ich schaue es nur während einer EM oder WM gerne an. Dann drücke ich immer Deutschland die Daumen.

Das ist recht ungewöhnlich für einen Holländer. Wie kommt’s?

Ich hasse Oranje. Immer ist hier alles orange, und die Leute drehen durch wegen unserem angeblich so guten Team, das aber seit 20 Jahren keinen Titel mehr gewonnen hat. Ich bin jedes Mal froh, wenn alle diese Fahnen und das ganze Orange wieder weg sind.

Ohne Holland fahren wir... lassen wir das lieber!

Veröffentlichungsjahr: 

2009

Autor: 

David Gregori

Aus Heavy-Ausgabe: 

117

Blogkategorie(n): 

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